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Choral
vom Baal Als im weißen Mutterschoße aufwuchs Baal
War der Himmel schon so groß und still und fahl
Jung und nackt und ungeheuer wundersam
Wie ihn Baal dann liebte, als Baal kam.
Und der Himmel blieb in Lust und Kummer da
Nachts er violett und trunken Baal
Baal früh fromm, er aprikosenfahl.
In der Sünder schwamvollem Gewimmel
Lag Baal nackt und wälzte sich voll Ruh:
Nur der Himmel, aber immer Himmel
Deckte mächtig seine Blöße zu.
Alle Laster sind zu etwas gut
Und der Mann auch, sagt Baal, der sie tut
Laster sind was, weiß man, was man will.
Sucht euch zwei aus: Eines ist zuviel!
Seid nur nicht so faul und so verweicht
Den Genießen ist bei Gott nicht leicht!
Starke Glieder braucht man und Erfahrung auch:
Und mitunter stört ein dicker Bauch.
Zu den feisten Geiern blinzelt Baal hinauf
Die im Sternenhimmel warten auf den Leichnam Baal.
Manchmal stellt sich Baal tot. Stürzt ein Geier drauf
Speist Baal einen Geier, stumm, zum Abendmahl.
Unter düstern Sternen in dem Jammertal
Grast Baal weite Felder schmatzend ab.
Sind sie leer, dann trottet singend Baal
In den ewigen Wald zum Schlaf hinab.
Und wenn Baal der dunkle Schoß hinunterzieht:
Was ist Welt für Baal noch? Baal ist satt.
Soviel Himmel hat Baal unterm Lid
Daß er tot noch grad g'nug Himmel hat.
Als im dunklen Erdenschoße faulte Baal
War der Himmel noch so groß und still und fahl
Jung und nackt und ungeheuer wunderbar
Wie ihn Baal einst liebte, als Baal war.
Oh, die unerhörten Möglichkeiten
Oh, die unerhörten
Möglichkeiten
Wenn man Frauen um die Hütften nimmt
Zwischen Schenken sanft im Abwärtsgleiten
Durch das grüne Meer der Wollust schwimmt.
Oder Schnaps trinkst in den Schmutzspelunken
Und die reden in den Himmel knallst
Alle, alle liebst ganz rasend, trunken!
Und mit Singen auf den Boden fallst.
Oh, ich sage nicht, daß nur in Schenken
Höchste Seligkeit mich ganz durchriß
Einst war Sitzend schön in Kirchenbänken
Wo der Segen mich zum Himmel schmiß!
Auch auf wilden Abendkarussellen
Wo man billig rasend schaukeln darf
War ich selig, wenn ich mich in hellen
Billig strahlendhellend Himmel warf!
Auch im Gras, ganz faul und schwer wie Eisen
Wo man gar nichts weiter denken muß
Als: Warum die Gräser nackte Leiber beißen
Macht das leben ganz im Ernst Genuß!
Auch in Betten in ein Weib verknächelt
Zwischen schlanke Beine hingestreckt
Wie er atmet, Freunde! Wie er lächelt
Wenn er sich, um groß zu werden, reckt!
Aber welch orangene Seligkeiten
Hat der bloße Himmel, wenn man nackt
Im Geäst der hohen Bäume reiten
Kann, daß man den Wind wie Weiber packt.
Oder wenn dich tolle Strudel reißen
Wenn du sinnlos auf dem Rücken liegst
Daß du meinst, daß du im Himmel fliegst
Blau und weit, wo um dich Wolken kreisen
Wenn du dich, die sanfte Taube, wiegst.
Seht, wir wissen, Freunde, daß das alles
Nackter Schwindel ist und untergeht
Doch auch dieses: Daß man besten Falles
Eines Morgens immer oben steht...
Was man haben kann an blauen Himmel
Wind und Mensch, reicht nicht einmal zur Not -
Und auch dieses kriegen nur die Lümmel
Und es reicht nicht und wird schnell zu Kot.
Doch wer nicht griff mit Fluch und Morden
Hat in reinen Händen nichts, sagt Baal -
Denn ihr sterbt, bevor es schal geworden
Und ihr sterbt vor euer letzten Qual.
Das Schiff
Durch die klaren Wasser
schwimmend vieler Meere
Löst ich schaukelnd mich von Ziel und schwere
Mit den Haien ziehend unter rotem Mond.
Seit mein Holz fault und die Segel schlissen
Seit die Seile modern, die am Strand mich rissen
Ist entfernter mir und bleicher auch mein Horizont.
Und seit jener hinblich und mich diesen
Wassern die entfernten Himmel ließen
Fühl ich tief, daß ich vergehen soll.
Seit ich wußte, ohne mich zu wehren
Daß ich untergehen soll in diesen Meeren
Ließ ich mich den Wassern ohne Groll.
Und die Wasser kamen, und sie schwemmten
Viele Tiere in mich, und in fremden
Wänden freundeten sich Tier und Tier.
Einst fiel Himmel durch die morsche Decke
Und sie kannten sich in jeder Ecke
Und die Haie blieben gut in mir.
Und in vierten Monde schwammen Algen
In mein Holz und grünten in den Balken:
Mein Gesicht ward anders noch einmal.
Grün und wehrend in den Eingeweiden
Fuhr ich langsam, ohne viel zu leiden
Schwer mit Mind und Pflanze, hai und Wal.
Möw' und ALgen war ich Ruhestätte
Schuldlos immer, daß ich sie nicht rette.
Wenn ich sinke, bin ich schwer und voll.
Jetzt, im achten Monde, rinnen Wasser
Häufiger in mich. mein Gesicht wird blasser.
Und ich bitte, daß es enden soll.
Fremde Fischer sagten aus: Sie sahen
Etwas nahen, das verschwamm beim Nahen.
Eine Insel? Ein verkommnes Floß?
Etwas fuhr, schimmernd von Möwenkoten
Voll von Alge, Wasser, Mond und Totem
Stumm und dick auf den erbleichten Himmel los.
Ballade
von Mazeppa
Mit eigenem Strick verstrickt
dem eigenen Pferde
Sie schnürten ihn Rücken an Rücken dem Roß
Das wild aufwiehernd über heimatliche Erde
Gehetzt in den dunkelnden Abend hinschoß.
Sie schnürten ihn so, daß den Gaul der Verstrickte
Im Schmerz noch aufpeitschte durch sinnloses Zerrn
Und so, daß er nichts, nur den Himmel erblickte
Der dunkler ward, weiter ward, ferner als fern.
Wohl trug ihn der Gaul vor der hetzenden Meute
Blind und verzweifelnd und treu wie ein Weib
Ihm riß er, je mehr seine Feinde er scheute
Tiefer den Strick im blutwäßrigen Leib.
Auch füllte sich abends dann seltsam der Himmel
Mit fremdem Gevögel: Kräh und Gaeier, die mit
Lautlosem Flug un dunklem Gewimmel
Im Äther verfolgen den keuchenden Ritt.
Drei Tage immer gehetzter und schneller
Drei Ewigkeiten lang war die Fahrt
Wo der Himmer bald dunkler und wo er bald heller
Doch immer unermeßlicher ward.
Drei Tage will er zum Sterben sich strecken
Er kann's nicht im Flug zwischen Himmel und Gras
Und die Geier lauern schon auf sein Verrecken
Un sehnen sich wild auf das lebende Aa.
Drei Tage, bis seine Stricke sich sträubten -
Grün war der Himmel, und braun war das Gras!
Ach! es rauften wohl immer zu seinen Häupten
Kräh und Geier sich schon um das lebende Aas!
Und ritt er schneller, sie folgten ihm gerne.
Und schrie er lauter, sie schrien mit.
Beschattend die Sonn und Beschattend die
Sterne
Verfolgten sie seinen keuchenden Ritt.
Drei Tage, dann mußte alles sich zeigen:
Erde gibt Schweigen und Himmel gibt Ruh.
Einer ritt aus mit dem, was ihm zu eigen:
Mit Erde und Pferd, mit Langmut und
Schweigen
Dann kammen noch Himmel und Geier dazu.
Drei Tage lang ritt er duch Abend und Morgen
Bis er alt genug war, daß er nicht mehr litt
Als er gerettet ins große Geborgen
Todmüd in die ewige Ruhe intrit.
Wenn sie trinkt, fällt sie in jedes
Bett
Wenn sie trinkt, fällt sie in
jedes Bett
Wenn sie nicht trinkt, läßt sie keinen ran
Denn sie sagt: Sie braucht nur einen Mann
Und der Mann bin ich. Das ist sehr nett.
Schade, daß sie da nichts machen kann:
Wenn sie trinkt, fällt sie in jedes Bett.
Es ist wirklich mit ihr ein Gfrett
Denn man weiß es in der ganzen Stadt.
Dabei hat der, der sie einmal hat
Lang bei ihr noch keinen Stein im Brett.
Ganz im Gegenteil: Sie ist ihn satt
Wenn sie trinkt, fällt sie in jedes Bett.
Schließlich, sagt sie, bin ich auch kein Brett.
Gott sei Dank ist sie soweit gesund...
Nur das eine wird mir bald zu bunt:
Sieht sie einen, den sie gerne hätt
Fängt sie leider an zu trinken - Und
Wenn sie trinkt, fällt sie in jedes Bett.
Erinnerung an die Marie A.
An jenem Tag im blauen Mond
September
Still unter einem jungen Pflaumenbaum
Da hielt ich sie, die stille bleiche Liebe
In meinem Arm wie einen holden Traum.
Und über uns im schönen Sommerhimmel
War eine Wolke, die ich lange sah
Sie war sehr weiß und ungeheuer oben
Und als ich aufsah, war sie nimmer da.
Seit jenem Tag sind viele, viele Monde
Geschwommen still hinunter und vorbei.
Die Pflaumenbäume sind wohl abgehauen
Und fragst du mich, was mit der Liebe sei?
So sag ich dir: Ich kann mich nicht erinnern
Und doch, gewiß, ich weiß schon, was du meinst.
Doch ihr Gesicht, das weiß ich wirklich nimmer
Ich weiß nur mehr: Ich küßte es dereinst.
Und auch den Kuß, ich hätt' ihn längst vergessen
Wenn nicht die Wolke dagewessen wäre
Die weiß ich noch und werd ich immer wissen
Sie war sehr weiß und kam von oben her.
Die Pflaumenbäume blühn vielleicht noch immer
Und jene Frau hat jetzt vielleicht das siebte Kind
Doch jene Wolke blühte nur Minuten
Und als ich aufsah, schwand sie schon im Wind.
Von Schwimmen in Seen und Flüssen
Im bleichen Sommer, wenn die
Winde oben
Nur in dem Laub der großen Bäume sausen
Wie die Gewächse, worin Hechte hausen.
Der Leib wird leicht im Wasser. Wenn der Arm
Leicht aus dem Wasser in den Himmel fällt
Wiegt ihn der kleine Wind vergessen
Weil er ihn wohl für braunes Astwerk hält.
Der Himmel bietet mittags große Stille.
Man macht die Augen zu, wenn Schwalben kommen.
Der Schlamm ist warm. Wenn kühle Blasen quellen
Weiß man: Ein Fisch ist jetzt durch uns geschwommen.
Mein Leib, die Schenkel und der stille Arm
Wir liegen still im Wasser, ganz geeint
Nur wenn die kühlen Fische durch uns schwimmen
Fühl ich, daß Sonne überm Tümpel scheint.
Wenn man am Abend von dem langen Liegen
Sehr faul wird, so, daß alle Glieder beißen
Muß man das alles, ohne Rücksicht, klatschend
In blaue Flüsse schmeißen, die sehr reißen.
Am besten ist's, man hält's bis Abend aus.
Weil dann der bleiche Haifischhimmel kommt
Bös und gefräßig über Fluß und Sträuchern
Und alle Dinge sind, wie's ihnen frommt.
Natürlich muß man auf dem Rücken liegen
So wie gewöhnlich. Und sich treiben lassen.
Gehöre man einfach zu Schottermassen.
Man soll den Himmel ansachaun und so tun
Als ob einen ein Weib trägt, und es stimmt.
Wenn er am Abend noch in seinen Flüssen schwimmt.
In den Zeiten der äußersten Verfolgung
Wenn ihr geschlagen seid
Was wird dann bleiben?
Hunger und Streit
Und Schneetreiben.
Wer wird lehren?
Der nicht fállt
Der Hunger und die Kält
Die werden lehren.
Wird man nicht sagen:
Es ist nicht gegangen?
Die Bürdetragen
Werden wieder mit dem Murren anfangen.
Wer wird ihnen berichten
Von dennen, die starben?
Ihre Stümpfe und Narben
Werden ihnen berichten
Liebeslied
Man muß schon Schnaps
getrunken haben
Eh man vor deinem leibe stand
Sonst schwankt man ob der trunken Gaben
Von schwachen Knien übermannt.
O du, wenn im Gesträuche kreisend
Der Wind die Röcke flattern läßt
Und man, das weiche Tuch zerreißend
Die Knie zwischen deine preßt.
Der Abendhimmel macht das Saufen
Sehr dunkel, manchmal violett.
In einem breiten weißen Bett.
Die Wiese schwankt nicht nur vom Trinken
Wenn man in deinen Knien liegt.
Der dunkle Himmel will versinken
Indem er sanft sich schneller wiegt.
Und deine weichen Knie schaukeln
Mein wildes herz in deine Ruh
Und zwischen Erd und Himmel schaukeln
Wir leichtgeschwellt der Hölle zu.
Vom
Glück des Gebens
Höchste Glück ist doch, zu
spenden
Denen, die es schwerer haben
Und beschwingr, mit frohen Händen
Auszustreun die schönen Gaben.
Schöner ist doch keine Rose
Als das Antlitz des Beschenkten
Wenn gefüllet sich, o große
Freude, seine Hände senkten.
Nichts macht doch so gänzlich heiter
Als zu helfen allen, allen!
Geb ich, was ich hab, nicht weiter
Kann es mir doch nicht gefallen.
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